06.11.2023 | Joint Academy Day

Wie die Energiewende gelingen kann

Welche erneuerbaren Energieträger spielen in Zukunft eine Rolle? Wie kann die Bevölkerung für den Umbau der Energiesysteme gewonnen werden? Wissenschaftler:innen diskutierten darüber am 6. November 2023 an der ÖAW in Wien.

Erneuerbaren Energien wie der Windkraft gehört die Zukunft. Der Umstieg auf diese Energien wird zugleich nicht ohne die Einbindung der Bevölkerung gelingen. © AdobeStock

Zu Beginn dieser Heizperiode sind die meisten Länder besser auf den Winter vorbereitet als im letzten Jahr, die Gasspeicher sind gefüllt und die Geographie unserer Brennstofflieferanten hat sich verändert. Dennoch bleiben zwei große Herausforderungen ungelöst: Mehr als 40 Millionen Europäer sind nicht in der Lage, ihre Wohnungen angemessen warm zu halten, und der Klimawandel schreitet weiter voran. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, will die Europäische Union den Anteil der erneuerbaren Energiequellen bis 2030 auf mindestens 42,5 % erhöhen. In acht europäischen Ländern ist das Aus für den Einbau neuer Erdgasheizungen bereits beschlossen, weitere wollen folgen.

Aus der Sicht des europäischen Akademieverbunds EASAC (European Academies Advisory Council) weisen diese politischen Initiativen in die richtige Richtung. EASAC war auf Einladung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am 6. November 2023 in Wien zu Gast, um bei einem Joint Academy Day über Lösungen für eine nachhaltige Energieversorgung der Zukunft zu diskutieren. EASAC hat sich erst kürzlich in einem umfassenden Bericht mit dem Titel „Future of Gas“ mit dieser Frage befasst.

Erneuerbare stärken

"Unser aktueller Bericht über die Zukunft von Erdgas unterstreicht, dass es für die Eindämmung des Klimawandels entscheidend ist, dass wir aus allen fossilen Brennstoffen, einschließlich Gas, schrittweise aussteigen und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien massiv ausbauen. Die Elektrifizierung der Mobilität gewinnt an Dynamik, grüner Wasserstoff wird zur Dekarbonisierung der Industrie beitragen, Wärmepumpen, Erdwärme und Fernwärme auf der Grundlage erneuerbarer Energieträger sind leicht verfügbare Alternativen zu fossilen Brennstoffen für Heizenergie", erklärt William Gillett, Direktor des Energieprogramms von EASAC. "Weder die Speicherung von CO2 im Untergrund (CCS) noch neue Kernkraftwerke oder kleine modulare Reaktoren - sogenannte Mini-Atomkraftwerke - können schnell genug eingesetzt werden."

Zuletzt ist jedoch das Vertrauen der Haushalte und von Investoren aufgrund zunehmender geopolitischer Unsicherheiten schwächer geworden. Das ist eine düstere Aussicht für den Klimaschutz. "Transparenz, Partizipation, vor allem im regionalen Bereich, und Planungssicherheit für den notwendigen Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Alternativen sind wichtiger denn je", betont daher EASAC-Präsident Wim van Saarloos.

Bevölkerung mitnehmen

Auch ÖAW-Präsident Heinz Faßmann sagt: „Es ist wesentlich, dass wir beim Umbau unserer Energieinfrastruktur die Bevölkerung nicht überfordern. Denn dann verlieren wir Unterstützung für diesen wesentlichen Schritt, politische Parteien mit Extrempositionen, die den Klimawandel leugnen, gewinnen hingegen an Zuspruch. Damit ist niemandem geholfen. Daher wäre eine klare Priorisierung der Maßnahmen – E-Mobilität, Dekarbonisierung der Energie- und Wärmeversorgung in Industrie und in den privaten Haushalten – wichtig.“

Für Ulrike Diebold, Vizepräsidentin der ÖAW, sind zwei Anliegen zentral. „Die finanziell schwachen Verbraucher:innen müssen angemessen unterstützt werden, damit die Energietransformation gelingt. Die Unterstützung der Menschen für die Energiewende schwindet, wenn sie sich diese nicht leisten können. Eine soziale Abfederung ist entscheidend, um die Akzeptanz der Bevölkerung und einen langen Atem für die anstehenden Veränderungen zu erreichen“. Diebold betont aber auch den Aspekt lokaler Speicherung von erneuerbaren Energien. „Damit die Energietransformation gelingt, muss die zeitlich schwankende Produktion ausgeglichen werden und die Energie lokal gespeichert werden. Und dafür müssen wir die zugrundeliegenden physikalischen Prozesse und die Potenziale für den Einsatz alternativer Materialien viel besser verstehen.“ Diebold ist als Professorin an der TU Wien am Exzellenzcluster zur „Energiekonversion“ beteiligt, der sich auch mit neuen, energetisch relevanten Materialien auseinandersetzt.
 

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